Wirklich besser als das HeadLines?

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„Die haben gesagt, mit dem XXX-System passen die Bisse besser, als mit dem HeadLines. Also habe ich mein Geld dafür ausgegeben, obwohl es wirklich sauteuer war!“

HLsilikon

Ich bin am Telefon mit einem Kollegen und muss schmunzeln. Einerseits fürchtet man den Ruin wegen einer Nachkommastelle beim Punktwert, andererseits lässt man sich derart das Geld aus der Tasche ziehen!

Was hat das HeadLines mit einem Gesichtsbogen und anderen Systemen gemein? 

Die Bissgabel! 

Da spielt die Musik, denn hier entscheidet sich, wie die obere Zahnreihe zur Referenzebene steht. Man kann die Bissgabel auf alles Mögliche ausrichten, man kann sie auch an der Wand befestigen – allein, warum sollte man das tun?

Die Bissgabel repräsentiert beim HeadLines die zukünftige Tischebene im Artikulator. Und für die Wiedergabe von Kieferbewegungen dort ist weder wichtig, ob die Wände gerade sind, noch, ob der Fußboden eben ist, denn wir wollen im Artikulator Okklusion gestalten und sicher gehen, dass zwischen den Kauflächen keine Störungen auftreten. Dafür müssen wir nicht die Beschaffenheit einer Wand, des Bodens oder des Horizonts in den Artikulator übertragen, sondern wir müssen dessen Bewegungsrichtungen mit denen im Mund des Patienten gleichschalten – dafür brauchen wir eine geeignete Referenz!

Beim Gesichtsbogen wird die Bissgabel in Relation zu den Gehörgängen und der Glabella gesetzt. Das ist näher am Kaugeschehen, aber wir bewegen unseren Kiefer nicht mit Respekt zu den Ohren. Diese erstmals von William B. Dragan patentierte Vorgehensweise entstand aufgrund der Annahme, dass die terminale Scharnierachse eine funktionelle Referenz ist, um die wir unseren Unterkiefer in der Vertikalen bewegen. Und dass man diese Scharnierachse in einem bestimmten Bezug zu den Gehörgängen zuverlässig genug finden kann. Allein, wenn niemand an unser Kinn drückt und wir nicht auf dem Rücken liegen, bewegen wir unseren Unterkiefer in der Vertikalen um keine feststehende Achse und die Ohren repräsentieren eher kraniale Asymmetrie, als zuverlässige Referenzen.

Und was ist mit dem HeadLines, welche Referenz überträgt man damit?

Jede beliebige! Genau das ist der Trick daran, denn seine Bissgabel hat man in der Hand. Sie ist die Referenzebene und kann nach Belieben zum Schädel orientiert werden. Sagittal gesehen kann man damit die FH als Referenz übertragen, oder jede andere Ebene, denn die Peilstäbe sind beliebig verschiebbar. Wähle ich die Camper-Ebene als Referenz, so muss ich überlegen, was das eigentlich ist. Camper ging es nicht um die Kauebene, sondern um die Ausrichtung von Knochenschädeln, um sie vergleichend zu vermessen. In der zahnärztlichen Literatur hat man das leider etwas unscharf behandelt, denn am Lebenden sind die Referenzpunkte an der Spina nasalis und dem Porion nicht sichtbar. Jedoch ist das nicht entscheidend, denn diese Übertragung ist an nichts gebunden. Meint man, die posterioren Zähne stünden zu tief im Artikulator, so wirft man sein HeadLines nicht weg, sondern legt es passend zum Unterrand des Tragus an – fertig!

Der Umdenkprozess bei der Physio-Logic Articulation mit HeadLines, HIP-Mount und dem dazu passenden Artikulator erfolgt auf einer ganz anderen Ebene. Und vieles daran ist auch nicht neu, sondern eine Rückkehr zu den Techniken der Altmeister vor der Scharnierachsengnathologie. Sie hatten die Kauebene als Referenz gewählt und das aus gutem Grund. Wie unsere Zähne aufeinander beißen, ist bei der Rekonstruktion der Okklusion wichtig, nicht wo mein Auto geparkt, oder wie mein Boden beschaffen ist. Deswegen sollte man sich auch davor hüten, Kauebenen, die sich ungestört entwickelt haben, kurzerhand zu ändern, nur weil man irgendein System gekauft hat! Lediglich nachvollziehbare Störungen in der Kauebene sollte man bei der Übertragung zu dieser Referenzebene ausgleichen, denn so legt man fest, was genau im Artikulator oben und unten, hinten und vorn, links und rechts ist. Mit dem HeadLines übernimmt man eine bestehende Kauebene, indem man die Bissgabel beim Montageregistrat einfach auf den oberen Zahnbogen auflegt. Nur dort, wo etwas korrigiert werden muss, hebt man es entsprechend ab.

Alle Vorzüge aufzuzählen, welche die Kauebene als Referenz mit sich bringt, wäre mühsam. Jedoch wird so eine ganz neue Sicht auf  funktionelle Konturen in Kauflächen frei und man kann in Winkeln denken, mit denen sie mit der antagonistischen Kaufläche interagieren. Man denke an das Beispiel der sequenziellen Höckerneigung: „Neigung mit Respekt zu was?“, müsste hier sofort die Frage sein. Zum Boden? Zur Schwerkraft der Erde? Nein!

Die Zähne und deren Kauebene habe ich vor mir, kann sie im Artikulator und im Mund gleichermaßen sehen – was brauche ich mehr in einer Referenzebene?

Und wann passt die im Artikulator gefertigte Okklusion besser? Solange die Zuordnung der Modelle im Artikulator nicht verändert wird, nicht gehoben oder abgesenkt wird, hängt es ausschließlich von der Bissnahme und der Okklusalgestaltung ab, wie gut oder schlecht ein Biss im Mund am Ende passt. Doch das ist ein Thema für sich. Und wenn die Vertikale im Artikulator verändert wird, entscheidet wieder die Referenzebene und der richtige Winkel dazu, ob dies mit Fehlern verbunden ist, oder nicht.



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