"Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen,
durch die sie entstanden sind“.
Albert Einstein
Immer wieder kommen CMD-Patienten in meine Praxis, bei denen über Jahre hinweg genau dies versucht wurde. Vielleicht haben sie einen neuen Zahnersatz erhalten. Für dessen Biss-Einstellung wurden sie auf den Rücken gelegt und der Zahnarzt führte ihren Unterkiefer mit seiner Hand, wobei er ihn mehr order weniger kräftig nach retral drückte. Man hatte auf eine ausgeprägte Front-Eckzahnführung geachtet, aber trotzdem kam der Patient mit der Arbeit nicht zurecht. Also hat man eine Schiene gemacht: Hierfür wurde der Patienten auf den Rücken gelegt, sein Unterkiefer nach retral manipuliert und die Schiene mit einem ausgeprägten Wulst für die Frontzahnführung ausgestattet.
Statt noch mehr vom Gleichen zu versuchen – warum nicht einfach einmal etwas ganz anderes? Wie sich gezeigt hat, reicht 10–15 Minuten lockeres Kauen auf einem FreeBite air, um Verspannungen in der Kaumuskulatur weitgehend zu lösen. „Verspannung“, das Wort beinhaltet „Spannung“, also erhöhten Zug – bei der Kaumuskulatur am Unterkiefer. Verringert man die Kräfte, die am Unterkiefer zerren und symmetrisiert sie gleichzeitig, so steht zu erwarten, dass er sich neu ausrichtet und eine andere Lage einnimmt. Und diese Lage mithilfe einer Schiene einmal auszuprobieren, das ist tatsächlich eine wertvolle Alternative zur üblichen „Handbissnahme“! Die folgende Anleitung zeigt, wie es gleich beim ersten Mal klappt:
Zur Muskelentspannung FreeBite air in der geeigneten Höhe 10–15 Minuten locker kauen. Alle 3–4 Kauschläge den Mund öffnen und den FreeBite mit der Zunge so zurechtschieben, dass die posterioren Zähne links und rechts optimalen und symmetrischen Kontakt haben und die Schneidezähne nicht auf den Verbindungsschlauch beißen.
So wird die Kaumuskulatur entspannt und gewohnte Bewegungsmuster deprogrammiert. Kiefergelenke werden gleichzeitig entlastet.
Zuordnung der dentalen Mittellinien und sagittale Stufe der Frontzähne notieren, die sich auf dem FreeBite air ergeben. Das Bissregistrat soll diese Zuordnung festhalten!
Markierungen auf Kinn- und Nasenspitze anbringen (Klebeecken oder Punkte anzeichnen). FreeBite air aus dem Mund nehmen. Nicht zubeißen! Lippen entspannt schließen. Schieblehre oder Tasterzirkel auf den Abstand zwischen den Markierungen einstellen. Dieser Abstand entspricht der entspannten Ruhe-Schwebe, nicht der Bisshöhe!
FreeBite air wieder so einlegen, dass die posterioren Zähne darauf symmetrischen Kontakt haben und die Schneidezähne nicht auf den Verbindungsschlauch beißen.
Auf aufrechte Kopf- und Körperhaltung achten!
Futar fast zwischen die Schneidezähne spritzen.
Der Patient beißt nun mit den Zähnen auf die Luftkissen des FreeBite air, bis der zuvor gemessene Abstand zwischen den Markierungen auf Kinn- und Nasenspitze wieder erreicht ist und noch 1–2 mm weiter. Hierdurch erfolgt die Bissregistrierung in einer idealen Bisshöhe mit ausreichender interokklusaler Distanz. Ausgleichendes Heben oder Senken im Artikulator bei der Herstellung von Schienen etc. kann somit entfallen, entsprechende Fehler werden vermieden.
Sobald der Frontzahnschlüssel ausgehärtet ist, wird der FreeBite air entnommen und Futar fast auf die Seitenzähne gegeben. Ein schnell abbindendes und gleichzeitig kraftfrei anformbares Registriersilikon ist für diese Art der Bissnahme nötig, denn sie setzt dem Unterkiefer keinen Widerstand entgegen, während der Patient sich mit seinen Schneidezähnen zurück in den bereits ausgehärteten Frontzahnschlüssel tastet.
Dies sollte bei aufrechter Kopf- und Körperhaltung geschehen und ohne den Einsatz von Kraft. Zur Sicherheit kann dieser Schritt auch vor dem seitlichen Aufbringen von Futar fast mit dem Patienten einmal geübt werden. Wenige Sekunden später sind auch die seitlichen Einbisse ausgehärtet und das Registrat kann kontrolliert werden. Hierfür den FreeBite air erneut zwischen die Zähne legen und wenige Minuten locker kauen, während am Bissregistrat mögliche Überschüsse entfernt werden.
Bei aufrechter Körperhaltung den FreeBite air nochmals gegen das Bissregistrat tauschen: Der Biss sollte spontan und ohne Abgleiten gefunden werden, die Zuordnung der dentalen Mittellinien und die sagittale Stufe sollten mit den zuvor gemachten Beobachtungen übereinstimmen und der Patient sollte beim Biss auf das Registrat eine solide und symmetrische Abstützung seiner Seitenzähne spüren. Dies ist nur auf einem Registriersilikon mit hoher Endhärte fein genug spürbar!
Für die Modelleinstellung ist zu beachten, dass Registriersilikone oft feiner zeichnen als z. B. Alginat, das für die Abdrucknahme verwendet wurde. Auch kleine Bläschen oder Schlieren im Modell können den fehlerfreien Sitz des Registrats zwischen den Modellen u. U. empfindlich stören. Daher empfiehlt es sich, vor der Modellmontage die Einbisstiefe der Zähne am Registrat mit einer Fräse oder besser einem groben Stein zu reduzieren, bis es jeweils auf der oberen und unteren Zahnreihe des Modells satt und ohne zu federn aufliegt.
Wir üben diese Bissnahmetechnik praktisch zusammen mit anderen simplen Techniken zur CMD-Therapie im Kurs „Einfache Bissbehelfe“. Und nicht vergessen: den FreeBite air CMD gibt es auch im günstigen Klinikpack!