Welche Geräte eignen sich?

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Der Myomonitor, Modell J1

Vor über 50 Jahren stellte Dr. Bernard Jankelson die Myozentrik vor. Hierfür wurde ein sogenannter „Myomonitor“ benötigt, ein TENS-Gerät zur Entspannung der Kaumuskulatur, das bei Bissnahme auch der passiven Bewegung des Unterkiefers diente. Diese Bewegung erfolgte somit nicht durch die Hand des Zahnarztes, wie dies Gnathologen weiter im Süden der amerikanischen Westküste propagierten, sondern durch die Kaumuskulatur des Patienten selbst. 

J4a

Der Myomonitor, Modell J4

Als die Myozentrik 1986 mit ersten Fortbildungskursen im ITMR nach Deutschland kam, war der Myomonitor J4 gerade  erschienen. Er war zuverlässig, ausgereift, effizient – und teuer. Zudem umgab ihn ein magischer Nimbus, denn es war kaum etwas über seine Stimulationsparameter bekannt. 2004 lernte ich einen Ingenieur an der TU Erlangen kennen und es gelang, diese Parameter genauer zu ergründen (siehe „Neue Horizonte bei der TENS-Therapie“,  ICCMO Kompendium).

Bei meiner Zusammenarbeit mit den deutschen Herstellern Brudermüller und Pierenkemper/Schwa-Medico versuchten wir zunächst, diese Parameter so ähnlich wie möglich zu übernehmen:

Einzelimpulse

Impulsbreite 500 µs

Stimulationsfrequenz 0,75 Hz

Dabei handelte es sich um biphasische Impulse, d. h. die Ionisierung und damit einhergehende Irritationen der Haut wird vermieden. Jedoch waren beide Phasen des Impulses nicht symmetrisch zueinander, sondern der negative Teil wies eine ausgeprägte und steile Flanke auf, während der positiven Anteil ohne deutliche Flanke länger auslief. Stimuliert wurde unter den negativ betonten Elektroden, die wir auch „Kathoden“ oder „Stimulationselektroden“ nannten. Die Anoden wurden im Myomonitor bereits im Gerät zusammengeführt und traten für beide Kanäle gemeinsam gemeinsam als eine Litze für die „Sammelelektrode“ aus dem gerät aus, so dass pro Patient nur drei Elektroden erforderlich waren.  Die Regler des Myomonitors waren auf den ersten Blick verständlich: Eine Ein/Aus-Taste, ein Amplitudenregler, sowie ein Balanceregler. Im Grunde kannte man das von jedem Stereoradio. Da die Regelung nicht digital, sondern analog über Potentiometer lief, konnte man das Gerät ausschalten und die Regler in der gefundenen Einstellung stehen lassen, die somit gewissermaßen „gespeichert“ blieb.

DoloTENS

Das Brudermüller DoloTENS dental

Das „Dolotens dental“ der Firma Brudermüller verfügte über eine programmierbare Impulsbreite von bis zu 1000 µs, sowie eine Stimulationsfrequenz bis hinunter zu 0,5 Hz, war jedoch bereits digital gesteuert, sodass eine Pause-Funktion mit Speicherung der Einstellwerte extra einprogrammiert werden musste. Auch entschieden wir uns dafür, jeden Kanal mit zwei Litzen zu versehen, weil dies mehr Variationen bei der Elektrodenanlage ermöglichte. Leider fiel die Firma Brudermüller jedoch bald darauf dem Preisdruck von Billiggeräten aus Asien zum Opfer.

Die Behandlung einer Vertriebsleiterin mit CMD-Beschwerden markierte daraufhin den Beginn meiner Kooperation mit der Firma Schwa-Medico. Zunächst wurde dabei das bereits vorhandene Modell "TENStem eco“ modifiziert und mit einer Balance- und Pause-Funktion ausgestattet. Später kam mit dem Modell „Myodent“ ein Tischgerät hinzu, das dem Zahnarzt beide Hände frei ließ und mit einer Endstufe versehen war, deren Parameter in Reihenversuchen bei Myozentrikkursen im ITMR optimiert worden waren. 

Die rundeste Impulsflanke im Test.
Trotz der Impulsbreite von 450 µs liegt die volle Spannung nur für 200 µs an.

Dabei ging es vor allem um die Ausgestaltung der negativen Impulsflanke, die bei einer steilen Rechteckform eher zu Missempfindungen in Form von Stechen unter der Stimulationselektrode führt. Je runder diese Flanke ist, desto angenehmer das Stimulationsgefühl, aber desto mehr der Impulsbreite verschwindet in der Flanke. Eine größere Impulsbreite ist für die Stimulation von Muskelnerforderlich, erleichtert die vollständige Depolarisation von Muskelzellen und bewirkt somit eine gründlichere und tiefere Stimulation der zu therapierenden Muskeln.

Mit der Übergabe der Firmenleitung an den Juniorchef erlosch jüngst das Interesse bei Pierenkemper an speziellen Dental-Geräten, sodass deren Produktion eingestellt wurde und diese über Schwa-Medico nicht mehr vertrieben werden können. 

Rechteckimpuls mit steilen Flanken.

Jedoch hatte sich zwischenzeitlich auch die Anwendung dieser Geräte in der Praxis etwas geändert. Es ist nämlich in der Tat möglich, dass bei der passiven Bewegung des Unterkiefers durch TENS-Impulse die Aktivität der Protraktoren unter den Kaumuskeln in einer Bewegungsrichtung resultiert, die nicht identisch mit der entspannten isotonischen Bewegungsrichtung ist, welche die Definition der Myozentrik fordert. Völlig unzweifelhaft ist jedoch die Effizienz der TENS-Therapie mit niederfrequenten Einzelimpulsen für die Entspannung von Muskeln – dieser wird nicht nur täglich von ungezählten Anwendern der Myozentrik weltweit beobachtet und mittels EMG-Messungen bestätigt, er ist auch durch zahlreiche Fachveröffentlichungen bestätigt. Mehr und mehr Fokus fällt heute bei der TENS-Therapie jedoch auf eine möglichst gute Entspannung der Kopf- und Nackenmuskulatur als Vorbereitung, während bei der myozentrischen Bissregistrierung selbst das Augenmerk dem Erhalt der Entspannung und der unverfälschten Abbildung der dadurch entstandenen Kieferrelation gilt.

Somit wandelt sich auch die Anforderung an TENS-Geräte. Weisen sie steilere Impulsflanken auf, wie dies auch bei Geräten mit symmetrischen Rechteckimpulsen der Fall ist, so mögen Impulsbreiten von 300–400 µs ausreichen. Hervorzuheben ist dabei, dass es bei Geräten mit symmetrischen Rechteckimpulsen keine Plus- und Minuspole gibt, also auch keine Stimulations- und Sammelelektroden. Jede Elektrode für sich ist beides zugleich, sodass die Polung egal ist und sich auch interessante Varianten der Elektrodenplatzierung ergeben – freilich möglicherweise zum Preis eines etwas ungünstigeren Stimulationsgefühls.

Auch wenn diese Form der Stimulation mit niederfrequenten Einzelimpulsen großer Breite selbst in Fachkreisen der Elektromedizin wenig bekannt ist, so steht deren Effektivität bei der Muskelentspannung dennoch außer Frage. Myotronics, Inc. vermarktet seit den 80er Jahren neben dem Myomonitor auch Geräte zur Elektromyographie, die inzwischen hundert- wenn nicht tausendfach auf praktisch allen Kontinenten der Welt eingesetzt werden. Zahnärzte erleben bei solchen Messungen Tag für Tag die erstaunliche Reduzierung der Ruhespannung in den so behandelten Muskeln und es gibt auch eine Menge wissenschaftlicher Literatur dazu, die meist jedoch Medizinern nicht bekannt ist, da sie in zahnärztlichen Medien veröffentlicht wurde. Myotronics, Inc., hat eine Auswahl davon zusammengestellt.

tens-cmd-emg

In der Abbildung sieht man zwei Messungen an einem Patienten vor und nach der Therapie mit niederfrequentem TENS. Die beiden Messungen sind bei jedem Muskel mit jeweils zwei Säulen dargestellt, welche den Durchschnittswert in µV für eine 20 Sekunden andauernde Messung der gemessenen Ruhespannung anzeigen (9=vor, 10=nach TENS-Therape). Der Vergleich zeigt neben der Effizienz der Ruhespannung einen weiteren Nutzen auf: Obwohl in diesem Fall nur die Kaumuskulatur therapiert wurde, reagierten Verspannungen auch in der Nackenmuskulatur mit einer Verringerung der Ruhespannung um bis zu 73%. So lässt sich auch eine Wirkrichtung darstellen, hier eine deszendierende.

Zur Verfügung stehen heute sehr kostengünstige Geräte, aber man wird auf eine Balance-Regelung vorerst verzichten und die Amplitude für jeden Kanal einzeln regeln müssen. Jedoch gibt es durchaus Geräte mit einer Pausefunktion, bei der sich die Stimulation unterbrechen lässt, während die Einstellparameter gespeichert bleiben. Viele ermöglichen auch die Veränderung einzelner Stimulationsparameter und die Ersteller von Anwenderprogrammen.

Um die Sicherheit solcher Geräte braucht man sich kaum Gedanken zu machen, solange sie CE-zertifiziert sind, denn die Vorschriften des Medizinproduktegesetz sind hier recht streng. Viele Geräte weisen auch diverse Schutzschaltungen auf, die z. B. bei der Unterbrechung eines Kontaktes die Stimulation abschalten, um zu verhindern, dass der Betrieb mit einer überhöhten Amplitude aufgenommen werden kann.

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