Entgiften in der Sauna

Homo sapiens ist eine eigenwillige Kreatur. Er läuft langsamer, als viele Vierbeiner, hat keine Klauen und keine Reißzähne und hat es doch geschafft, sich zur dominanten Spezies unter den Vertebraten aufzuschwingen. Insbesondere die Kenianer zeigen uns bis heute beim Marathon, wofür der Mensch ursprünglich konzipiert gewesen sein muss: Ein riesiger Blasebalg auf zwei Beinen, eine Laufmaschine, dazu angetan, praktisch jeden Vierbeiner zu Tode hetzen zu können! Das liegt an zwei Besonderheiten: Der Mensch kann unabhängig vom Laufrhythmus atmen und er kann sich durch Schwitzen kühlen!

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Beim Schwitzen scheiden wir nicht nur Wasser aus!

Wie immer macht unser Körper aber nichts mit nur einem Zweck, nein, eine Funktion bewältigt in der Regel mehrere Aufgaben gleichzeitig! Wir schwitzen nicht unser reinstes Wasser aus, sondern nutzen den Vorgang gleichzeitig, um unliebsame Toxine loszuwerden, darunter auch metallhaltige. Nicht bei jedem hat die Haut bzw. das Schwitzen den gleichen Stellenwert für das  Entgiften, aber es ist sicher ein Mechanismus, der lebenswichtige Organe wie Leber und Nieren schont. Rudi Altig, der mehrfache Radweltmeister aus Remagen, nach dem Geheimnis seiner unglaublichen Fitness bis ins hohe Alter befragt, antwortete schlicht „mindestens einmal pro Woche richtig ins Schwitzen kommen!“.

Nun ist jedoch gerade das Schwitzen etwas, das die wenigsten unter uns regelmäßig tun. Bei starker körperlicher Anstrengung kann man sich richtig nass schwitzen, aber gerade in den kühlen Wintermonaten birgt das auch das Risiko, sich zu verkühlen. Aber es bleibt immer die Sauna, eine Erfindung der Nordländer, wo einem die Kälte das Schwitzen schwer macht!

Jedoch fallen mir auch immer wieder Verhaltensweisen in der Sauna auf, die den Effekt zunichtemachen, oder ihn mit einer Kreislaufbelastung verknüpfen, die völlig unnötig ist. Um das zu verstehen, muss man sich kurz ins Gedächtnis rufen, wie der Körper mit Hitze und Kälte umgeht:

Bei Hitze weiten sich die Kapillargefäße der Haut und die Hautporen öffnen sich (damit wir schwitzen können). Die Haut wird zu einem riesigen Sumpf, der eine ganze Menge Blut aufnehmen kann, wodurch dem Herzen weniger Blutvolumen zur Verfügung steht. Der Blutdruck fällt und es wird auf die Dauer anstrengend – im ungünstigsten Fall bis hin zur Ohnmacht. 

Es dauert eine Weile, bis die Hitze der Sauna von außen in unsere Haut eindringt und noch viel länger, bis unsere Körpertemperatur im Inneren dadurch irgendeine Veränderung zeigt. Will man ein solches künstliches Fieber auslösen, verbringt man längere Zeit in einer weniger hohen Temperatur von 40-50°. Das ist dann aber keineswegs kreislaufschonend, sondern eher das Gegenteil!

Bei Kälte ziehen sich die Kapillargefäße in der Haut zusammen und das Blut wird in die großen Adern im Körperinneren gedrückt. Der Herzen steht somit ein vergrößertes Blutvolumen zur Verfügung, wodurch seine Arbeit erleichtert wird. Wie auch Pfarrer Kneipp schon empfahl, ist dabei die Abkühlung in kaltem Wasser von distal nach proximal am besten, also mit den Füßen beginnen, dann die Beine bis zum Rumpf abkühlen, danach die Hände und die Arme bis zum Rumpf und erst danach den Rumpf selbst. Macht man das zu schnell und ist nicht daran gewöhnt, erhöht sich der Blutdruck dabei mehr als nötig.

Der Trick bei der Sauna ist daher die hohe Hitze mit dem krönenden Aufgüssen, die einem richtig den Schweiß aus der Haut treiben und anschließend das Abkühlen. Beide Effekte sind eher oberflächlich und zu kurz um die Kerntemperatur des Körpers nennenswert zu verändern.

Welche Fehler sieht man nun am häufigsten in der Sauna?

  1. Keine Vorbereitung: Man sollte sich zuerst einmal unter einer warmen Dusche oder im Dampfbad aufwärmen und die Hautporen frei machen.
  2. Zu niedrige Temperatur in der Sauna: Meistens sind die Pritschen in 3 Stufen angeordnet und der Unterschied zwischen zwei Stufen beträgt etwa jeweils 10°. Ist die Sauna mit 80° angegeben, so trifft dies auf die oberste Stufe zu, die mittlere hat 70° und die untere 60°. Hinzu kommt, dass jedes Mal, wenn die Türe geöffnet wird, kalte Luft hereinkommt und die ist schwer und betrifft die untere Stufe ganz besonders.
    Auf der unteren Stufe tut man sich daher manchmal schwer, überhaupt richtig ins Schwitzen zu kommen und ist daher versucht, viel länger in der Sauna zu verweilen, was aber den Kreislauf eher belastet als schont. Stattdessen sollte man sich die Stufe aussuchen, die ordentlich heiß ist, aber natürlich nicht so heiß, dass man es nicht aushält! Während dem Aufguss kann man eine Stufe nach unten wechseln, wenn es einem zu viel wird.
    Ein Problem ist es, wenn man nicht richtig schwitzen kann. Die trockene Haut fühlt sich dann brennend an und man verreibt am besten den Schweiß von den Stellen, wo man bereits zu schwitzen begonnen hat, an diese noch trockenen Stellen. Der Schweiß ist schließlich dazu da, um zu kühlen!
    Hat man sich auf eine Pritsche gelegt, so muss man berücksichtigen, dass aus den oben genannten Gründen der Blutdruck mit der Erwärmung der Haut etwas abfällt. Will man keine Unterversorgung im Kopf und damit eine Ohnmacht riskieren, so springt man am besten nicht plötzlich auf die Füße, sondern setzt sich erst einmal für ein paar Minuten auf, um seinem Herz die Zeit zu geben, dem Blutdruck etwas nachzuhelfen, bevor man aufsteht und aus der Sauna geht!
  3. Keine richtige Abkühlung: Das liegt an der Angst vor kaltem Wasser und die ist einem nicht in die Wiege gelegt, sondern anerzogen! Meine Frau schätzte meine „Experimente“ mit unseren Kindern zwar wenig, aber sie zeigten mir eindeutig, dass Babys kaltes Wasser eher lustig finden, als bedrohlich. Jeder meiner drei Söhnchen japste überrascht nach Luft, wenn ich ihm beim Wickeln einen kalten Waschlappen auf den Po klatschte – und fand das dann unglaublich belustigend! Vielleicht haben Sie sich dies an ein paar Stellen Ihres Körpers erhalten und es macht Ihnen z. B. überhaupt nichts aus, sich die Hände mit kaltem Wasser zu waschen. Es gibt aber Stellen, die wir ein Leben lang schützen und schonen – vielleicht den Rücken oder den Bauch – und dort verlieren die Hautgefäße dann ihre Reaktionsfähigkeit auf einen Temperaturwechsel. Ja, manchmal empfinden wir kaltes Wasser dort sogar als ausgesprochen schmerzhaft, ein Empfinden, das zu einer Verletzung passt, in Bezug auf ein bisschen kaltes Wasser aber eigentlich blanker Unsinn ist!

Die Abkühlung soll nicht allzu lange dauern, denn es soll die Haut oberflächlich abgekühlt werden, nicht die Organe im Körperinneren. Dies ist unter einer Dusche nur schwer zu erreichten, erst recht, wenn man sie auf warm oder lauwarm stellt. Besser ist da schon eine Schwallbrause, aber am besten ist ein kaltes Tauchbecken (vor dem man natürlich den Schweiß abduscht!). Jedoch muss man dabei auf eines achten: Es ist ganz normal, dass man beim Eintauchen in kaltes Wasser unwillkürlich nach Luft schnapp, man soll aber danach nicht hyperventilieren! In der Seefahrt ist das als „Kälteschock“ bekannt, wenn jemand unvorbereitet in die kalte See fällt, vor lauter Schreck hyperventiliert und dabei womöglich Wasser einatmet.

Nach dem Eintauchen in das kalte Wasser rubbelt man sich mit dem Handtuch ab und genießt das unbeschreiblich wohlige Gefühl, das sich ausbreitet, wenn die Kapillaren der Haut endlich mal wieder etwas zu tun bekommen haben! Wer glaubt, es sich leichter machen zu können, indem er sich die Abkühlung erspart, belastet in Wirklichkeit seinen Kreislauf und geht obendrein das Risiko ein, sich dabei eine Erkältung zu hohlen!


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