Es gibt eine Menge Tests und Berichte vom Hoyt Buffalo als einem der besten Takedown Recurve Jagdbögen auf dem Markt. Dann kam der Tiburon heraus, mit seiner Versteifungsstrebe im traditionellen Bogenbau ein ungewohntes Bild und außerdem auch in 64“ Länge erhältlich. Gerade Schützen mit langem Auszug werden, wenn sie jenseits der 600-Euro-Marke suchen, auf diesen Bogen stoßen, den ein euphorischer Tester in den USA als „das“ bezeichnet hat, „ was der Buffalo hätte sein sollen". Bei TDH-Bogensport in München konnte ich beide Bögen über mehrere Stunden im direkten Vergleich schießen, die der Inhaber, Harry Wittig, freundlicherweise für mich hergerichtet hatte.
Als die wahrscheinlichere Option griff ich zuerst zum Tiburon, der es mit den 45# Wurfarmen in der Länge „medium“ (der längsten Formula Länge im Jagdbereich bei Hoyt) und dem 21“ Mittelteil auf die gewünschte Bogenlänge von 64“ brachte. Schwer zu sagen, was ich erwartete, nachdem ich ungezählte Male von seinem butterweichen Auszug gelesen hatte. Die 45# waren ja für einen Auszug von 28“ angegeben - mein Anker liegt 3,5“ dahinter, also bei 31 ½“. Bis dorthin ließ er sich gut ausziehen und problemlos auch weiter. Hinter dem Pfeil saß ordentlich Dampf, ohne Pfeilzieher war der nicht mehr aus der Scheibe zu bekommen und gleich der allererste Pfeil saß genau im Pfeilloch auf der Scheibe, das ich angesehen hatte. Offenbar Glück, denn diesen Schuss konnte ich mit den nächsten 5 Pfeilen nicht wiederholen!
Angenehm war das verrundete Shelf, das direkt über der Hand sitzt. Auch der schlanke Griff liegt gut in der Hand und ermutigt nicht zum Zupacken, sondern zum leichten Halten zwischen Daumen und Hand. Die Standard-Griffschale ermöglicht das Abknicken der Hand, man wird nicht in eine High-Wrist-Position gezwungen, bei der der Handballen dann zwangsweise aufliegt. Ein sehr ordentlicher erster Eindruck und auch das Gefühl, eine ziemliche Waffe in der Hand zu halten, wohl auch aufgrund des Gewichtes und soliden Gefühls. Das wurde auch durch die Messung an der Bogenpresse bestätigt: bei 31,5“ hatte ich 56# auf den Fingern gehabt und so hatte es sich auch angefühlt.
Also kam nach 3 Runden à 6 Pfeile der Buffalo an die Reihe. Es war nur das eine Paar Wurfarme in diesem Gewicht vorrätig, also wurde der Tiburon abgespannt und dessen Wurfarme auf ein Buffalo Mittelteil gesteckt - dank dem Formula System eine Sache von 2 Klicks. Es war nun ein 62“ Bogen entstanden, der mit einer entsprechend kürzeren Sehne gespannt wurde. Der Griff unterscheidet sich nicht, genauso schlank, der Bogen – gefühlt – genauso schwer.
Die wirkliche Überraschung kam beim ersten Auszug. Stimmte hier etwas nicht? Mit dem kürzeren 19“ Mittelstück hatte ich einen spürbar härteren Zug erwartet, womöglich jenseits der 60# und vielleicht zuviel für mich. Nichts davon, es fühlte sich leichter an! Die Bogenwaage objektivierte meinen Eindruck mit gemessenen 56# bei 31 ½“ – exakt gleich, wie beim 2“ längeren Tiburon. Allerdings muss ich gestehen, in meinem Eifer vergessen zu haben, an beiden die Einstellung der Tillerschrauben zu vergleichen, durch welche das Zuggewicht bis ca. 5% beeinflusst werden kann. Niemals aber hatte ich aber erwartet, dass sich der kürzere Buffalo mit den gleichen Wurfarmen gefühlt weicher und, objektiv gemessen, identisch mit dem Tiburon ausziehen!
Je mehr ich mit dem Buffalo schoss, desto mehr schwand mein ursprünglicher Plan, mit einem Tiburon nachhause zu fahren. Ich gebe zu, subjektiv war ich wohl auch von der Tatsache beeinflusst, dass mir der Buffalo mit einem gebrauchten Griffstück zu einem reduzierten Preis angeboten wurde. Aber auch beim gleichen Preis hätte ich mich am Ende wohl für den Buffalo entschieden. Wobei es auch objektive Gründe gibt, die für den Tiburon sprechen: Das Tiburon Griffstück weist Gewinde für Button und Visier auf. Wer also auch mit einer Pfeilauflage schießen möchte, wird zum Tiburon greifen. Wer aber sowieso nur instinktiv über das Shelf schießt, wird im direkten Vergleich kaum einen Grund finden, sich vom Buffalo abzuwenden, der sich bei kompakteren Abmessungen ebenso weich auszieht.
Aber mein Abenteuer in München war noch nicht zu Ende. Das Hoyt Formula System ist trotz kryptischer Abkürzungen mit dem bei den olympischen Bögen kompatibel. Und der Lagerbestand bei TDH trägt der Tatsache Rechnung, dass die Mehrzahl der Kunden Visier-schützen sind. Also folgte eine Testreihe mit Hoyt Formula Wurfarmen aus dem olympischen Bereich und die hören nicht bei der Länge „medium“ auf. Steckt man ein Paar lange Wurfarme in das Buffalo Mittelteil, so hat man einen 64“ Bogen!
Ganz kurz kamen Zweifel auf, wie das im Gegensatz zu den typischen Buffalo-Wurfarmen im Holz- oder Camo-Design aussieht. Aber nach dem ersten Schuss waren diese auf der Stelle ausgeräumt, der noch weichere Auszug gab den Ausschlag. Dank der Tatsache, dass auch die langen Formula F7 Wurfarme, deren Listenpreis weit über den Buffalo Wurfarmen liegt, leicht gebraucht waren, war das Ganze auch noch deutlich günstiger, als ein neuer Buffalo. Im Zuggewicht war ich jetzt unter die 50# Marke gerutscht, denn zwar gibt es F7 Wurfarme in 2# Abstufungen, aber natürlich war nicht in jeder Stärke ein gebrauchtes Paar vorrätig. Wie der Bogen aussah? Nicht schlecht, eigentlich, das schwarze Mittelteil passt sehr gut zu den F7’s. Und ich hatte nicht die geringste Sorge, dass ich im 3D-Parcours die (Gummi-) Tiere verscheuche, weil mein Bogen einen auffälligen Hoyt Schriftzug trägt. Natürlich würde Fred Eichler, dessen Signatur sich am Griff des Bogens findet, das anders sehen. Auf der DVD, die Hoyt dem Buffalo beilegt, sind nicht nur tolle Anleitungen zum Aufbau, Tunen und Schießen des Bogens, sondern auch einige Jagdszenen mit dem Mentor.
2 Monate später
Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben und einen Bogen auch nicht allein wegen seinem Auszugsgefühl! Der Winter ist um, die Saison wieder in vollem Gange und leider hält die Freude nicht an. Warum? Tuning-Probleme.
Bei TDH Bogensport in München und auf meinem Dachboden war die Schussdistanz praktisch identisch und so weit war alles in Ordnung. Die Trefferlage war gut, manchmal etwas links vom anvisierten Ziel. Jedoch saßen die Pfeile stets mit der Nocke etwas links der Spitze, also leicht schräg in der Scheibe, besonders, wenn ich mit Rohschäften schoss. Im Garten hatte ich dann die doppelte Distanz zur Verfügung und jetzt passierte etwas Unerwartetes: Die Rohschäfte gruppierten deutlich rechts der befiederten Pfeile. Zu weiche Schäfte? Jedoch kam draußen etwas anderes ans Tageslicht: eine blanke Stelle außen am Shelf, nicht oben, auf der Auflage, sondern seitlich war der Lack buchstäblich ab. Die Inspektion meiner Pfeile bestätigte meinen aufkeimenden Verdacht: Die Schäfte schlugen im hinteren Drittel am Bogen an! Im Internet fand ich den tollen Super-Zeitlupenfilm von Werner Beiter und konnte mir vorstellen, was da passierte:
Das Pfeilende, das sich beim Lösen nach außen biegt, federt zurück nach innen, während es den Bogen passiert und schlägt dabei außen am Shelf an. Der gesamte Pfeil wird nach links aus der Bahn geworfen, mit dem leichten hinteren Teil mehr, als vorn. Jetzt liegt er schräg in der Luft und seine Spitze zeigt nach rechts. Wird er von den Federn wieder gerade gezogen, so mag sich dies in einer unsteten Trefferlage auswirken, sobald die Schussdistanzen variieren. Rohschäfte richten sich hingegen nicht gerade. Sie bleiben schräg, ändern statt dessen ihre Flugrichtung und driften nach rechts. Bei 8-10 Metern kreuzen sie die Mittellinie, weswegen genau diese Schussdistanz beim Ausprobieren unproblematisch war, aber draußen im Parcours, bei 40 und 50 Metern, wurde es schwierig.
Eine Woche lang versuchte ich, den Bogen so einzustellen, dass das Pfeilende höher im Schussfenster passiert Mit einer etwas radikalen Tillereinstellung von ⅝“ gelang das schließlich bei einer Standhöhe von 8 ⅛“ mit 32“ Pfeilen, Spine 400 und 125 grn. Spitzen, sowie einer Nockpunktüberhöhung von ¼“. Und plötzlich war der Bogen von sich aus leise, den Krach hatte nicht er, sondern die Pfeile gemacht! Aber es ging nur mit Müh und Not. Ein winziger Fehler beim Ablass und schon kam wieder das verhasste „Klack!“, das ich inzwischen genau kenne. Doch nicht das Richtige für mich, besonders in dieser Preiskategorie! Deprimierend.
Aber eine Email an Harry Wittig bei THD hat es gerichtet: Den Buffalo einfach zurückschicken, er möchte doch, dass ich zufrieden bin. Jetzt ist ein Win&Win Black Wolf auf dem Weg. 17“ Carbon-Mittelstück, 62“ Gesamtlänge, angeblich dennoch mit weichem Auszug bis 32“. Hauptsächlich bin ich gespannt darauf, ob ich mit den gleichen Schäften ähnliche Tuning-Probleme habe, aber das verdient einen eigenen Bericht.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich hatte nicht die originalen Wurfarme am Buffalo, sondern lange F7’s, die den Bogen auf eine Gesamtlänge von 64“ brachten. Das mag gut funktionieren, vielleicht aber nicht bei meinem langen Auszug und 32“ Schäften. Dass diese Konstellation für mich nicht funktioniert hat, heißt nicht, dass der Buffalo ein schlechter Bogen ist, zeigt aber den Wert der Möglichkeit, den Tiburon mit Pfeilauflage auszustatten. Das eröffnet zusammen mit einem Button noch ganz andere Möglichkeiten des Tunings, mit denen man selbst ein solches Problem sicherlich in den Griff bekommen hätte!